... allein unter Frauen

Im Gespräch: Petra Winkelmann über Söhne ohne Väter, die Lösungen ihrer Mütter und das Vorbild von Großvätern, Jugendleitern und Super-Machos.

Entwickeln Jungen sich anders, wenn sie bei alleinerziehen­den Müttern aufwachsen?

Das hängt von vielen Einflüssen ab: Ob sie ihren Vater überhaupt kennen gelernt haben, wie liebevoll oder gewalttätig er mit ihnen umging, wie alt sie bei der Tren­nung der Eltern waren, und so weiter. Fest steht: In der akuten Trennungssituation verlieren viele Jungen den Boden unter den Füßen, verhalten sich zum Beispiel ag­gressiver und bekommen Probleme in der Schule. Doch das legt sich meist, wenn sich die Situation in der Familie insgesamt wieder stabilisiert. Zwar gibt es Hinweise, dass Söhne alleinerziehender Mütter in der Schule schlechter abschneiden als andere; aber daran ist vermutlich eher die Armut Schuld, in der viele Frauen leben, als die Ab­wesenheit des Vaters.

Machen sich die Frauen selbst Sorgen, weil ihren Söhnen vielleicht ein wichtiges Vorbild fehlt?

Ja, die allermeisten. Sie sehen auch die Gefahr, ihre Ent­täuschung zu Unrecht vom Vater auf den Sohn zu über­tragen („Du bist wie dein Vater!“) oder umgekehrt ihre Söhne als Partner-Ersatz zu überfordern („Du bist jetzt der Mann im Haus.“). Viele lassen sich deshalb beraten und tauschen sich zum Beispiel in Selbsthilfegruppen für allein Erziehende darüber aus.

Mit welchen Konsequenzen für den Alltag?

Sie setzen alles daran, den Jungen Kontakte zu Männern zu verschaffen – zu den Großvätern, zu Onkels, Freun­den der Mutter, in Sportvereinen oder in Gruppen wie den Pfadfindern. Vielen ist keine Fahrt und kein Ver­zicht zu viel, damit ihre Söhne kein Training versäumen oder mit ins Ferienlager fahren können.

Genügt das? Viele fürchten: Jungen, die ohne Vater auf­wachsen, orientieren sich umso eher an fragwürdigen Macho-Vorbildern aus den Medien.

Beobachtungen aus der Praxis widerlegen das. Danach gehen Söhne alleinerziehender Mütter langfristig flexi­bler mit Geschlechtsrollen um, entwickeln zum Beispiel mehr Fertigkeiten im Haushalt. Und nach eigener Ein­schätzung verhalten sie sich später als Erwachsene we­niger dominant und streitsüchtig und haben ein engeres Verhältnis zu ihren Kindern als andere Männer.

Ein Vorbild für diese Jungen könnte auch ein neuer Partner der Mutter sein …

Tatsächlich reagieren viele Jungen darauf positiver als Mädchen, zum Beispiel mit besseren Schulleistungen. Allerdings kommt es darauf an, wie die Erwachsenen die neue Beziehung einfädeln. Die Jungen müssen spüren: Ich gewinne einen Freund dazu. Aber nicht: Der Neue soll meinen Vater verdrängen. Überhaupt darf das obers­te Ziel nicht ein Ersatzvater sein. Sondern: Den leiblichen Vater in der Verantwortung zu halten und seinem Sohn einen guten Kontakt zu ihm zu ermöglichen!